Читаем Gedichte in Prosa полностью

Dschaffar dachte bei sich: »Dem Aussehen nach ist dieser Mann ein Bettler, ohne Zweifel; indessen – nichts ist unmöglich. Weshalb sollte ich es nicht versuchen?« und gab zur Antwort: »Gut, mein Vater, ich werde kommen.«

Der Greis blickte ihm ins Auge – und entfernte sich.

Am anderen Morgen, als es eben erst dämmerte, begab sich Dschaffar auf den Bazar. Am Springbrunnen, auf dessen Marmorrand er sich mit den Ellenbogen gestützt hatte, harrte seiner schon der Greis.

Schweigend nahm er Dschaffar bei der Hand und führte ihn in einen kleinen Garten, der rings von hohen Mauern umgeben war.

Mitten im Garten, auf einem grünen Rasenplatz, stand ein Baum von ungewöhnlichem Aussehen.

Er glich einer Zypresse; nur war sein Laub von azurblauer Farbe.

Drei Früchte – drei Äpfel hingen an den schmalen, aufwärtsstrebenden Zweigen: der eine von mittlerer Größe, länglich und milchweiß; der andere groß, rund und feuerrot; der dritte klein, verschrumpft und gelblich.

Leise rauschte der Baum, obwohl es windstill war; zart und klagend klang sein Rauschen, wie der Ton des Glases. Es schien, als fühle er die Nähe Dschaffars. »Jüngling!« – hub der Greis nun an – »pflücke dir nach Belieben eine von diesen Früchten, doch wisse: pflückst du und ißt du die weiße – dann wirst du klüger werden als alle Menschen; pflückst du und ißt du die rote – dann wirst du so reich wie der Jude Rothschild; pflückst du und ißt du aber die gelbe – dann wirst du allen alten Weibern gefallen. Entscheide dich!... und zaudere nicht. In einer Stunde verwelken die Früchte, und der Baum selber versinkt in den stummen Schoß der Erde!«

Dschaffar senkte sein Haupt und sann nach. – »Wie wähle ich hier am besten?« sprach er halblaut vor sich hin, gleich als ginge er mit sich selbst zu Rate. – »Wer allzu weise wird, könnte des Lebens überdrüssig werden; wer reicher wird als alle Menschen, wird ihrem Neide verfallen; besser, ich pflücke und esse den dritten Apfel, den runzligen!«

Und so tat er auch; der Greis aber lächelte mit seinem zahnlosen Munde und sprach: »O du weisester aller Jünglinge! Du hast das beste Teil erwählt! – Was sollte dir auch der weiße Apfel? Auch so bist du ja klüger als Salomo. – Den roten Apfel brauchst du gleichfalls nicht... Auch ohne ihn wirst du reich werden. Aber deinen Reichtum wird dir niemand neiden können.«

»Sag an, Alter,« entgegnete Dschaffar sich aufrichtend, »wo wohnt die ehrwürdige Mutter unseres gottgeliebten Kalifen?«

Der Greis verneigte sich bis zur Erde – und wies dem Jüngling den Weg.

Wer kennt nicht in Bagdad die Sonne des Weltalls, den großen, ruhmreichen Dschaffar?

<p>Zwei Vierzeiler</p>

Einst gab es eine Stadt, deren Bewohner in solch leidenschaftlicher Weise der Poesie ergeben waren, daß, wenn einmal einige Wochen verstrichen, ohne daß neue schöne Verse bekannt wurden, sie eine solche Mißernte als ein öffentliches Unglück empfanden.

Dann zogen sie ihre schlechtesten Kleider an, streuten sich Asche aufs Haupt, sammelten sich in Scharen auf den Plätzen und haderten unter bitteren Tränen mit der Muse, weil sie sich von ihnen abgewendet habe.

An einem solchen Trauertage erschien der junge Dichter Junius auf dem Platze, der von einer wehklagenden Volksmenge erfüllt war.

Mit raschen Schritten bestieg er die eigens dazu hergerichtete Kanzel und verkündete durch ein Zeichen, daß er ein Gedicht vorzutragen wünsche.

Sofort schwangen die Liktoren ihre Stäbe. »Ruhe, Aufmerksamkeit!« schrien sie laut – und erwartungsvoll verstummte die Menge.

»Genossen! Freunde!« begann Junius mit tönender, aber etwas unsicherer Stimme:

»Genossen! Freunde all! Der Dichtkunst Gönner ihr!

Bewundrer alles des, was edel und vollendet!

Laßt euch vom trüben Leid des Augenblicks nicht beugen!

Die frohe Stunde naht... und Dunkel weicht dem Licht.«

Junius hielt inne... aber als Antwort erscholl von allen Enden des Platzes her Lärmen, Pfeifen und Hohngelächter.

Alle ihm zugewandten Gesichter flammten vor Unwillen, alle Augen blitzten vor Zorn, alle Hände erhoben sich, drohten, ballten sich zu Fäusten!

»Mit solchen Stümpereien dachte er unseren Beifall zu erringen!« schrien zornige Stimmen. »Herunter von der Kanzel mit dem unbeholfenen Reimschmied! Fort mit dem Dummkopf. Faule Äpfel und Eier auf den hohlen Narren! Gebt Steine! Steine her!«

Hals über Kopf flüchtete Junius von der Kanzel... aber noch war er nicht bis an sein Haus gelangt, als donnerndes Händeklatschen, Beifallsruf und Freudengeschrei an sein Ohr drang.

Von Zweifeln erfaßt, aber voll Sorge, erkannt zu werden – denn es ist gefährlich, ein wütendes Tier zu reizen –, kehrte Junius auf den Platz zurück.

Und was sah er?

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Иммануил Кант

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